Liebe Kameradinnen und Kameraden der Kinder- und Jugendfeuerwehren, liebe Jugendfeuerwehrwartinnen und Jugendfeuerwehrwarte, liebe Betreuerinnen und Betreuer der Kinder- und Jugendfeuerwehren,
ich möchte mich in die Reihe der Gratulanten einreihen und ganz herzlich zum 25jährigen Bestehen der Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt gratulieren.
25 Jahre Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt ist nicht nur aus meiner Sicht eine Erfolgsgeschichte. Wer hat schon im Gründungsjahr daran gedacht, dass man nach einem viertel Jahrhundert so eine positive Bilanz ziehen kann.
Begonnen mit 2.565 Mädchen und Jungen im Jahre 1991 freuen wir uns heute über fast 12.000 Kinder und Jugendliche, darunter rund 1/3 Mädchen, in den Freiwilligen Feuerwehren des Landes. Bemerkenswert daran ist, dass entgegen der demografischen Entwicklung seit 2008 wieder stetig steigende Mitgliederzahlen im Nachwuchsbereich zu verzeichnen sind. Trotz teilweise sehr schwieriger Rahmenbedingungen gerade in den letzten Jahren ist diese positive Entwicklung überaus beeindruckend.
Entscheidenden Anteil an dieser Entwicklung haben die vielen ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer vor Ort in den Gemeinden, die sich sehr engagiert um den Feuerwehrnachwuchs kümmern. Mehr als 15.000 Feuerwehrangehörigen besuchten seit 1999 jugendspezifische Lehrgänge vor allem des ehemaligen Bildungszentrums der Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt Heyrothsberge und haben die dort vermittelten inhaltlichen und methodischen Impulse sehr gut in Praxis umgesetzt. Nicht nur ich habe die Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt in all den Jahren als einen stabilen Faktor innerhalb unseres Landes wahrgenommen. Sie hat sich trotz mancher zum Teil sehr unqualifizierter Querschüsse aus verschiedenen Richtungen nicht von ihrem Kurs abbringen lassen! Sie hat immer wieder neue Ideen entwickelt und Projekte für die Kinder- und Jugendfeuerwehren angeschoben! Die erfolgreiche Bilanz der 25 Jahre gibt ihr recht!
Eine solche erfolgreiche Nachwuchsarbeit ist die entscheidende Basis für die Erhaltung der Leistungs- und Zukunftsfähigkeit unserer Freiwilligen Feuerwehren.
Ich bin stolz darauf, dass ich die 25 Jahre Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt erst als Direktor der damaligen Brandschutz- und Katastrophenschutzschule (BKS) Heyrothsberge, dann als Landesbranddirektor und jetzt als Ehrenmitglied der Jugendfeuerwehr Sachsen-Anhalt begleiten und mich einbringen durfte. In meinen nunmehr fast 50 Jahren, in denen ich mit der schönen Sache „Feuerwehr“ verbunden bin, lagen mir gute Ausbildung und Nachwuchsarbeit stets am Herzen. Beides sind Grundpfeiler einer gut funktionierenden Feuerwehr!
Wer das nicht begreift aber vor allem nicht lebt, gefährdet die Zukunft unserer Feuerwehren!
Deshalb gilt es, in den nächsten Jahren in der Nachwuchsarbeit nicht nachzulassen!
Wenn im Abschlussbericht des Projektes „Feuerwehr 2020“ festgestellt wird „dass aus unterschiedlichen Gründen 43,72 % (714) Freiwillige Feuerwehren immer noch keine Jugendfeuerwehr, 78,93 % (1.289) immer noch keine Kinderfeuerwehr und 30,68 % (701) keine weiblichen Mitglieder im Einsatzdienst“ haben, ist offensichtlich, welche erheblichen Potentiale bisher nicht genutzt wurden. An dieser Stelle möchte ich aber auch deutlich betonen, dass es eben nicht reicht - gerade bei einem richtigerweise vom Innenminister initiierten Projekt - solche Defizite nur festzustellen, sondern hier müssen danach politische Verantwortungsträger auf allen Ebenen ihrer Verantwortung auch gerecht werden und dementsprechende Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten eröffnen.
Es muss aber auch gelingen, die Kameradinnen und Kameraden, die sich der verantwortungsvollen Aufgabe der Nachwuchsarbeit stellen, innerhalb des Systems Feuerwehr stärker zu unterstützen. Speziell liegt mit hier das Thema „Umgang miteinander“ sehr am Herzen, was aus meiner Sicht im Hinblick auf die gegenwärtigen Entwicklungen in Sachsen-Anhalt, für mich das wichtigste Thema darstellt. Deshalb darf es auch kein Tabu-Thema sein.
Gerade weil es heute schon Feuerwehren gibt, in denen inzwischen bis zu 90 % der Mitglieder im Einsatzdienst aus dem Nachwuchsbereich kommen, sind die Kinder- und Jugendfeuerwehren für das Funktionieren einer freiwilligen Feuerwehr in der Zukunft von entscheidender Bedeutung. Nach wie vor scheint es einer Reihe Führungskräfte nicht bewusst zu sein, dass die Arbeit für und mit den Mitgliedern der Kinder- und Jugendfeuerwehr nicht nur eine Investition in die Zukunft ist, sondern dass sie gerade in der heutigen Zeit eine bedeutsame soziale Funktion hat. Kinder- und Jugendfeuerwehren scheinen zunehmend allgemein-erzieherische, erlebnisorientierte und sinnstiftende Aufgaben erfüllen zu müssen.
Wenn man sich dieser für die gesamte Gesellschaft wichtigen Funktion der Nachwuchsarbeit bewusst geworden ist, müssen in absehbarer Zeit auch Taten folgen.
Im Abschlussbericht des Projektes „Feuerwehr 2020“ wird auch festgestellt: „ Ein großes Problem stellt der Rückgang der Mitglieder der Jugendfeuerwehren beim Übergang in die aktive Wehr dar“
Es ist aber dringend geboten, nicht bei einer solchen Feststellung stehen zu bleiben, sondern den auch internen Ursachen dafür in der Feuerwehr und in der Verbandsarbeit auf den Grund zu gehen. Das ist in erster Linie ein Anspruch, den gute Führungskräfte an sich selbst stellen sollten!
Vielleicht ist es unter diesem Aspekt sinnvoll, den eigene Führungsstil zu hinterfragen. Wir können es uns meiner Meinung nach nicht mehr leisten, durch Fehler, die bei der Überwindung des eigenen Stolzes schnell abstellbar wären und durch überzogene Kritikempfindlichkeit und Intoleranz, junge Kameradinnen und Kameraden zu verprellen oder danach zu streben, sie „auszuschalten“. Wenn demokratische Prinzipien zwar propagiert aber im Umgang untereinander dann Gehorsam und Unterordnung gefordert werden, Kritik unerwünscht ist und sogar kameradschaftliche Gespräche durch Anwaltsschreiben ersetzt werden, dann ist das ein mehr als zweifelhafter Umgang mit jungen Menschen. Vor allem, wenn mangelndes Feuerwehrwissen durch stramme Körperhaltung und „Befehlston“ ersetzt werden, bleiben Kreativität und Ideenreichtum zunehmend auf der Strecke. Zunehmende Demotivation ist die Folge!
Es ist die originäre Verantwortung aller Führungskräfte - im Übrigen auch der in den Feuerwehrverbänden - hier stärker in die Offensive zu gehen, nichts unter die Decke zu kehren, mehr Toleranz walten zu lassen und den Jugendlichen eine Chance in unseren Reihen zu geben!
Alles Gute wünscht Euer Ehrenmitglied
Dr. Peter Ladewig